Untertitel: Die DDR lebt weiter – auf 79qm! Über diesen Film ist wohl alles gesagt und geschrieben. Er hat x Filmpreise gewonnen, eine eigene Wikipedia-Seite und war kommerziell weltweit sehr erfolgreich. Neu ist er auch nicht, sondern im Jahr 2003 gedreht.
Ich habe ihn in den Tagen der verordneten Häuslichkeit der Corona-Pandemie herausgekramt und obwohl schon mehrfach gesehen, animiert er immer noch zum Lachen – und zum Weinen. Die Tragikomödie bringt Abwechslung in die nicht ganz so unbeschwerte Zeit. Vor allem relativiert sie vieles. Denn was Eingesperrtsein wirklich bedeutet, ist in verschiedenen Szenen nachzuempfinden.
Die Story in wenigen Zeilen (Zitat DVD-Cover):
„Geschichte wird gemacht. Nur für den 21-jährigen Alex (Daniel Brühl) geht nichts voran. Kurz vor dem Fall der Mauer fällt seine Mutter, eine überzeugte Bürgerin in der DDR (Katrin Saß), nach einem Herzinfarkt ins Koma – und verschläft den Siegeszug des Kapitalismus. Als sie wie durch ein Wunder nach acht Monaten die Augen aufschlägt, erwacht sie in einem neuen Land. Erfahren darf sie von alledem nicht: Zu angeschlagen ist ihr schwaches Herz, als dass es die Aufregung überstehen könnte. Um seine Mutter zu retten, muss Alex auf 79 Quadratmetern die DDR wieder auferstehen lassen…“
Das schafft er mit akribischer Detailversessenheit. Und er hat Helfer. Einigen vergeht bald die Lust am aufwändigen Schauspiel – so Alex‘ Schwester (Maria Simon) oder seiner Freundin Lara (Tschulpan Chamatowa), andere wie Alex‘ Freund Denis (Florian Lukas) laufen erst recht zur Hochform auf. Wie der die „Aktuelle Kamera“ analysiert und nachdreht, ist nicht nur hochamüsant, sondern mutet wie eine Persiflage auf die hochkonjunkturellen Sonder-Spezial-Brennpunktsendungen zur Corona-Lage an. Stichwort: Sprachvergleich. Klinik und Intensivstation sind „Nebenschauplätze“, häusliche Pflege wird allein von der Familie gemanagt.
Wer den Film noch nicht kennt und sich gern überraschen lässt, sollte vorher keine Rezensionen lesen. Das Gute an der DVD ist, dass sich an einigen Stellen Bonusmaterial anklicken lässt (insgesamt 45 Minuten). So erfährt man historische Hintergründe, Biografisches, Klatsch vom Dreh oder auch Kurioses.
Im Rückblick der Jahre wird einem bewusst, wie sich die Zeit immer schneller und schneller gedreht hat. Für mich ist „Good bye Lenin!“ nach wie vor einer der besten Filme über die Nachwendezeit, weil er in seiner genialen Mischung aus Fiktion und Dokumentation Respekt vor dem Leben im Osten ohne Wertung zeigt. Dass dafür mit Wolfgang Becker (Regie und Drehbuch) und Bernd Lichtenberg (Drehbuch) zwei Westdeutsche verantwortlich sind, zeigt, dass man verstehen kann, wenn man verstehen will.
Good bye Lenin! X Edition. DVD, X Filme Creative Pool GmbH 2003 & Warner Home Video GmbH 2003. Freigegeben ab 6 Jahren gemäß § 14 JuSchG FSK. Spieldauer: 117 Minuten + 45 Minuten Bonusmaterial, ASIN: B00008W41B, ab 4,99 €, erhältlich auch als Prime Video, Blu-ray oder Videokassette (!). Für einige Spezialeditionen werden bereits Sammlerpreise aufgerufen.
Kleine Randnotiz: Die auf dem DVD-Cover von 2003 aufgedruckte Film-Website http://www.79qmddr.de/ gibt es nicht mehr. Stattdessen entsteht unter der Domain offenbar eine Seite über Börsenwissen und Dating App-Tests…
veröffentlicht im April 2020