„Wie kriegen wir ein Selbstbewusstsein hin?“, fragt Trainerin Barbara Messer in ihrem Workshop „Proud to be a nurse“. Die langjährige Altenpflegerin mit einem Bachelor in Business Administration kennt alle Klischees über die Pflege. Lebendig und humorvoll demonstriert die Autorin mehrerer Bücher jedes einzelne: „Jeden Tag mit Verrückten zu tun“, „Krankenschwestern verlieben sich in Ärzte“, miese Dienstzeiten, „ständig mit Körperausscheidungen und ekligen Wunden zu tun“, „schlecht ausgebildet“, „fesseln Leute ans Bett“ oder „Pflegende haben ein Helfersyndrom“. Teils wahr, teils mit bisher nicht als wertvoll wahrgenommenen Kompetenzen.
Doch was ist eigentlich das Besondere am Beruf? Und wie könnte man das Image der Pflege verbessern? In Arbeitsgruppen entwickeln Frauen und Männer, die sich nie vorher begegnet waren, eindrucksvolle Ideen. Über Kurz- und Imagefilme, Werbeclips, twitter-Hashtags, Flashmobs oder Kampagnentage reichen die kreativen Vorschläge. Wohlgemerkt von Pflegenden, die über Marketing in der Ausbildung eher nichts hören.
Zum Abschluss schickt Coach Barbara Messer alle Workshop-Teilnehmer auf einen imaginären Laufsteg. Links und rechts säumen Pflegende den „Catwalk der nurses“. Achtsam laufen und sich in die Augen schauen, heißt die einzige Order. „Augenkontakt ist durch nichts zu ersetzen. Wir geben uns gegenseitig Kraft und können stolz auf das sein, was wir bewirken.“ Die einfach klingende Übung lässt Augen leuchten und entfacht sichtbare Freude.
Wenn Wertschätzung so wirkt, wird (wieder einmal) deutlich, was dem deutschen Gesundheitswesen fehlt. Haben Pflegende mit einem anerkannten Abschluss ein Anerkennungsproblem? Wie geht es dann erst in Heilberufen und anderen Gesundheitsbranchen Ausgebildeten, deren Abschlüsse nicht oder nur teilweise anerkannt werden?
„Proud to be a nurse?“ Stolz darauf, Schwester zu sein. In der englischen Sprache ist Schwester gleich Schwester (=Pfleger). Ob Altenpflegerin, Funktionsschwester, Kinderkrankenschwester, Krankenschwester, Nachtschwester, Notaufnahmeschwester, Operationsschwester, Säuglingsschwester, Sprechstundenschwester … Und in Deutschland?
In der Bundesrepublik tritt im Januar 2020 das Gesetz zur Reform der Pflegeberufe in Kraft. Die bisher getrennten Ausbildungen Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege und Gesundheits- und Kinderkrankenpflege (Sprechstundenassistenz wurde seit 1990 nicht mehr als gleichberechtigter Heilberuf anerkannt) sollen dann in einer generalistischen Berufsausbildung zusammengeführt werden. Die Absolventen dürfen sich künftig „Pflegefachfrau“ bzw. „Pflegefachmann“ nennen. Bis dahin oder jetzt erst recht: „Proud to be a nurse!“ Ob ambulant oder stationär.
Fotos: Dagmar Möbius